Vielleicht bist du selbst betroffen, und dieses Szenario kommt dir nur allzu bekannt vor.
Ein Beispiel aus meiner Praxis:
Sophie (die „Gesunde“):
„Hey Alex, hast du Lust, morgen Abend ins Kino zu gehen?
Der neue Film soll echt gut sein!“
Alex (der Angstpatient):
„Ähm... ja, klingt gut. Welcher Film ist es nochmal?“
Sophie:
„Dieser neue Actionfilm! Der läuft um 20 Uhr.
Wir könnten uns vorher noch einen Kaffee holen und dann zusammen reingehen.
Was meinst du?“
Alex (unsicher):
„Ja... vielleicht. Aber 20 Uhr ist doch etwas spät, oder?
Ich hab morgen... ziemlich viel zu tun, du weißt schon. Vielleicht ein andermal?“
Sophie:
„Ach, komm schon! Wir machen doch nie was zusammen.
Ein bisschen Ablenkung wäre doch super. Außerdem ist Kino doch entspannt, da muss man nur
sitzen und genießen.“
Alex (mit wachsender Nervosität):
„Ja... stimmt. Klar, Kino ist... einfach.“
Alex spielt nervös mit den Fingern und spürt, wie sein Herzschlag schneller wird.
Sophie (unbeschwert):
„Perfekt! Ich hol uns die Tickets! Wir treffen uns einfach direkt vorm Kino, okay?“
Alex (innerlich panisch, aber lächelnd):
„Äh, ja... ich denke, das geht. Ich schau mal, wie ich mich morgen fühle.
“Alex sucht nach einer Ausrede, fühlt sich aber unter Druck gesetzt.
„Vielleicht bin ich aber auch... etwas müde. Mal sehen.“
ACHTUNG:Die Aktivität hat noch gar nicht stattgefunden, und der Betroffene steht bereits unter großem Stress!
Am nächsten Abend im Kino sitzt Alex verkrampft auf dem Stuhl, sein Körper ist angespannt,die Hände fest auf den Oberschenkeln. Sein Atem geht flach.
Sophie (fröhlich):
„Ist das Popcorn nicht super?“ „Ich liebe den Duft im Kino!
“Sie merkt nicht, dass Alex völlig abwesend ist.
„Der Film wird gleich richtig spannend.“
Alex (in Gedanken):
Mein Herz rast... ich kann nicht atmen... was, wenn ich hier raus muss?
Alle werden mich ansehen...
„Ja... Popcorn... super.“
Sophie (begeistert, ohne etwas zu bemerken):
„Und schau mal, die Actionszene ist der Wahnsinn!“
Alex versucht, normal zu wirken, während die Panik in ihm aufsteigt:
„Ja... Wahnsinn.“
Alex' Hände zittern, er kann den Film kaum verfolgen.
Innerlich überlegt er, wie er einen Grund findet, das Kino zu verlassen
Sophie:
„Alles okay? Du wirkst... angespannt.“
Alex (verlegen):
„Ja, alles gut... mir ist nur ein bisschen... heiß hier drin.“
Alex zieht an seinem Hemdkragen und sieht sich nervös nach dem Ausgang um.
„Vielleicht geh ich kurz frische Luft schnappen ...“
Dieser Dialog zeigt, wie schwer es für den Angstpatienten ist, seine Panik zu verbergen, während er versucht, eine Alltäglichkeit wie einen Kinobesuch zu bewältigen.
Gleichzeitig verdeutlicht er, wie die andere Person unbewusst Druck ausübt, ohne zu merken, dass die Situation für Alex sehr belastend ist.
Stell dir vor, du begegnest jeden Tag Menschen, die lächeln, arbeiten und ihr Leben scheinbar problemlos meistern – doch hinter dieser Fassade verbergen sich oft Kämpfe, die du nie vermuten würdest.
Angststörungen gehören zu den am häufigsten übersehenen psychischen Erkrankungen, gerade weil sie sich oft absichtlich hinter einem funktionierenden Alltag verstecken.
Doch was passiert im Inneren dieser Menschen?
Wie beeinflussen Angststörungen ihr tägliches Leben, und wie können wir ihnen helfen?
In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf diese unsichtbare Last und die vielen Facetten von Angststörungen
DIE UNSICHTBARE LAST DER ANGSTSTÖRUNG
Angststörungen sind vielschichtig und können in unterschiedlicher Intensität auftreten. Du bist in der Lage, trotz deiner inneren Kämpfe zu funktionieren – du gehst zur Arbeit, triffst dich mit Freunden und erledigst alltägliche Aufgaben.
Doch was die Außenwelt nicht sieht, ist der innere Sturm, der oft in den stillen Momenten in dir tobt.
Zum einen verbringen Menschen mit Angststörungen oft viel Energie darauf, ihre Ängste zu verbergen, weil sie nicht als „schwach“ oder „unfähig“ wahrgenommen werden wollen.
Auch wird ein starkes Gefühl von Scham empfunden.
Zum anderen dreht sich das Gedankenkarussell ständig um Dinge, wie:
- Schaffe ich das? Zum Beispiel den Kinobesuch?
- Was ist, wenn ich eine Panikattacke bekomme?
- Was ist, wenn es an dem Ort kein WC gibt?
- Was ist, wenn ich den Ausgang nicht schnell genug erreichen kann?
- Und, und, und!
Diese inneren Lasten können zu Erschöpfung und Isolation führen, selbst wenn sie nach außen hin unauffällig bleiben.
Ein anderes Beispiel:
Du triffst dich mit einem Freund, der scheinbar fröhlich ist und sich am Gespräch beteiligt.
Doch was du nicht weißt, ist, dass er sich die ganze Zeit Gedanken darüber macht, ob er die Situation ohne „Symptomatik“ übersteht.
Für Außenstehende ist es oft schwer, das Ausmaß dieses Leids nachzuvollziehen.
Daher sind gute allgemeine Ratschläge häufig nicht ganz so hilfreich, da hierbei professionelle Unterstützung notwendig ist.
DIE VIELFALT DER ANGSTSTÖRUNGENAngststörungen umfassen verschiedene Formen, die sich in Symptomen und Schweregraden unterscheiden.
HÄUFIGSTE ANGSTSTÖRUNGEN:Generalisierte Angststörung (GAD)
Menschen mit GAD erleben anhaltende und übermäßige Sorgen, die oft nicht an einen bestimmten Auslöser gebunden sind.
Diese Sorgen können sich auf alltägliche Dinge wie Arbeit, Finanzen oder Gesundheit beziehen.
Panikstörung
Bei Panikstörungen treten plötzliche, intensive Angstanfälle auf, die von starken körperlichen Symptomen wie Herzrasen, Atemnot und Schwindel begleitet werden.
Betroffene haben oft Angst vor der nächsten Attacke, was die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt.DIE ANGST VOR DER ANGST.
Soziale Angststörung (SAD)
Menschen mit SAD haben eine ausgeprägte Angst vor negativen Bewertungen durch andere. Sie meiden soziale Situationen, aus Angst, sie können beschuldigt werden oder unangenehm auffallen.
Spezifische Phobien
Diese beziehen sich auf intensive Angst vor bestimmten Objekten oder Situationen, wie zum Beispiel Höhenangst oder Flugangst.
Obwohl sie in der Regel auf einen bestimmten Auslöser begrenzt sind, können sie das Leben der Betroffenen stark einschränken.
ES GIBT HUNDERTE VON VERSCHIEDENEN PHOBIEN, DIE DOKUMENTIERT UND KLASSIFIZIERT WURDEN.
WIE ANGST DEN KÖRPER BEEINFLUSSTAngst ist nicht nur ein psychisches Phänomen – sie hat auch weitreichende Auswirkungen auf den Körper.
Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol werden in Angstsituationen freigesetzt, was den Körper inständige Alarmbereitschaft versetzt.
Die Symptomatik einer Angststörung kann den gesamten Körper betreffen und unterschiedliche Bereiche beeinflussen.
Sie zeigt sich oft durch physische Beschwerden wie Herzrasen, Zittern, Schwitzen, Atemnot und Schwindel.
Ebenso können Muskelverspannungen, Magen-Darm-Beschwerden, Übelkeit sowie ein allgemeines Gefühl von körperlicher Erschöpfung auftreten.
Diese körperlichen Reaktionen spiegeln die intensive Belastung wider, die eine Angststörung auf den gesamten Organismus ausübt.
OFT JEDOCH WIRD DER ZUSAMMENHANG ZWISCHEN DIESEN KÖRPERLICHEN SYMPTOMEN UND DER ZUGRUNDE LIEGENDEN ANGSTSTÖRUNG NICHT ERKANNT, WAS DIE DIAGNOSE VERZÖGERT.
MYTHEN ÜBER ANGSTSTÖRUNGENMYTHOS 1: ANGST IST NUR EINE PHASE
Angststörungen sind nicht einfach „eine Phase“, die vorbeigeht.
Sie sind schwere psychische Erkrankungen, die oft einer Behandlung bedürfen.
MYTHOS 2: NUR SCHWACHE MENSCHEN HABEN ANGSTSTÖRUNGEN
Angststörungen haben nichts mit Schwäche zu tun.
Jeder kann betroffen sein, unabhängig von Stärke, Erfolgen oder Lebensumständen.
MYTHOS 3: MAN KANN SICH DOCH „ZUSAMMENREISSEN
“Menschen mit Angststörungen können ihre Symptome nicht einfach „abschalten“.
Sie benötigen Unterstützung, Verständnis und oft professionelle Hilfe.
WEGE AUS DER ANGSTSPIRALEAngststörungen können überwältigend sein, aber es gibt wirksame Wege, um ihnen zu begegnen. Hier sind einige bewährte Methoden zur Behandlung und Bewältigung.
Professionelle Unterstützung
Oft ist der Gang zu einem Therapeuten oder Psychologen der wichtigste Schritt, um mit Angststörungen fertigzuwerden.
Eine individuell angepasste Therapie kann dauerhafte Verbesserungen ermöglichen.
Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
KVT ist eine der effektivsten Therapien für Angststörungen.
Sie hilft Betroffenen, negative Denkmuster zu erkennen und durch realistischere, positive Gedanken zu ersetzen.
Neben der Psychotherapie können auch Entspannungstechniken und Meditation unterstützend wirken
WARUM SELBSTFÜRSORGE WICHTIG ISTSelbstfürsorge ist ein entscheidender Faktor im Umgang mit Angststörungen.
Oftmals neigen Betroffene dazu, sich selbst zu vernachlässigen, während sie sich in ihren Ängsten verstricken.
Regelmäßige Pausen, gesunde Ernährung, Bewegung und soziale Unterstützung sind wesentliche Elemente, um die innere Balance wiederzufinden.
Selbst kleine Rituale, wie das Schreiben eines Tagebuchs oder tägliche Spaziergänge, können dabei helfen, Stress abzubauen und die Resilienz gegenüber Ängsten zu stärken.
FAZITDu bist nicht allein!
Angststörungen sind eine stille Epidemie – sie betreffen Millionen von Menschen weltweit, aber sie müssen nicht das Leben dominieren.
Mit dem richtigen Wissen, der richtigen Unterstützung und bewährten Strategien ist es möglich, die Kontrolle über die Angst zurückzugewinnen.
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In Kürze findet ein kostenloses Webinar über Angststörungen, im Zusammenhang mit Erschöpfung und Depressionen statt.
Ich freue mich, wenn du dabei bist!
Britta Wensauer